Chronik

 

   

 

 

 letzte Änderung am 18.07.2008

Eine Postkarte aus dem Jahre 1902, eine Einladung zum Fidelitas.
Die Kopie der Karte hat uns dankenswerterweise Achim Flaschka zur Verfügung gestellt
(Hoffentlich wurde hier  das Briefgeheimnis  nicht verletzt)

 

Die Vereinschronik,  sie wurde 1977 zum 75-jährigen Vereinsjubiläum  von Lutz Heckmann geschrieben

 

75 Jahre Berliner Radfahr-Club

"Defekt"  1902

Am 4. März 1902 entschlossen sich einige Radsportler, die sich schon längere Zeit regelmäßig zu gemeinsamen Ausfahrten trafen, einen Radsportverein zu gründen. Auf der Suche nach einem originellen Namen war man sich, angesichts der Tatsache, daß ein Großteil der Zeit bei diesen Ausfahrten mit der Reparatur von "defekten" Teilen und Reifen ausgefüllt wurde, schnell einig, wie man den Club nennen wollte.

So entstand also der Vereinsname Berliner Radfahr-Club "Defekt" 1902 als augenzwinkernde Verbeugung vor den Umständen, die auch heute noch einem Radsportler das Leben zur Hölle machen können. Böse Zungen behaupten seitdem stets, wenn der Sportliche Erfolg ausblieb, die Kameraden
hatten wenigstens dem Vereinsnamen alle Ehre gemacht.

Nach dem Motto, auf das weitere Wachsen, Blühen und Gedeihen des BRC "Defekt" 02 ein dreifach kräftig "All Heil", wuchs der Club schnell zu einem der großen deutschen Radsportvereine heran. Dies betraf nicht nur die Qualität sondern auch die Quantität. Die Mitgliederzahlen pendelten in der Zeit zwischen den Kriegen zwischen 250 und 400 Kameraden, "Karteileichen" kannte man damals noch nicht. In den Zwanziger Jahren strebte der BRC "Defekt" 02, der sich bis dahin hauptsächlich im Saalsport (mit Schwerpunkt Reigenfahren) einen Namen geschaffen hatte, an, im Konzert der großen straßenrad­sporttreibenden Vereine wie z.B. Grün-Weiß und Arminius mitzuspielen. Unter der Regie des damaligen Vorsitzenden Richard Behrendt (Ehrenpreis-Behrendt), der gleichzeitig Straßenfachwart des Gaues III (Brandenburg) war, hatte der Club seine Blütezeit. Namen wie Walter Bartholomäus, Richard Balzer, Nico Nebe, Walter Fröscher, Georg Bremer, Paul Szostak, Bernhard Zuchowski, Kämpfert, Ney, Bolz, Gebrüder Haupt, Walter Bürkop und Fritze Wanker machten den BRC "Defekt" 02 weit über regionale Grenzen hinaus bekannt. Ein sensationeller Erfolg war 1931 der Brandenburgische Meistertitel im 6er-Mannschaftsfahren auf der Straße mit den Fahrern Balzer, Bartholomäus, Bremer, Fröscher, Nebe und Kämpfert (von Arminius und Grün-Weiß), dem ebenfalls sensationell der dritte Platz bei der Deutschen Meisterschaft im gleichen Jahr in Chemnitz folgte. Überhaupt war das Mannschaftsfahren in dieser Zeit eine Domäne des Clubs. Viele der oben genannten Kameraden wurdenin die deutsche Nationalmannschaft berufen, einigen gelang auch später der Sprung in das Lager der Profis, manche dienen auch heute noch dem Radsport, wenn auch (leider) in anderen Vereinen. Stellvertretend sei der Kamerad Szostak genannt, der nach dem Krieg vielen Radrennen mit auf die Beine half (u.a. 4-Etappen-Fahrt und Möbel-Kunst-Preis). Als "jüngster" Pressewart des LV Berlin ist er uns allen kein Unbekannter.

Nach 1945 erholten sich die stark gelichteten Reihen der Kameraden nur sehr langsam von dem Schock des "1000jährigen Reiches".

Ferdinand Rochlitz und Bernhard Zuchowski gelang es mit einigen Kameraden, den Club aus seinen Dornröschenschlaf zu wecken. Am 17. Oktober 1951 wurde der BRC "Defekt" 02 von 20 teils alten, teils neu dazugewonnenen Mitgliedern wieder ins Leben gerufen. Leider gelang es nicht, die in alle Himmelsrichtungen verstreuten alten "Defektler" zu sammeln. So mußte man wieder vollkommen von Vorne anfangen. Mit ungebrochenem Elan machte man sich daran, den Anschluß an die erfolgreiche Tradition des Clubs zu schaffen. Speziell in der Jugendarbeit war der Verein bald wieder in aller Munde, Die Radrennen "Rund um den Schäfersee" wurden vom BRC "Defekt" 02 ins Leben gerufen und erfreuten sich allgemeiner Beliebtheit.

Die zunehmende Kommerzialisierung auch im Radsport machte sich jedoch schon damals bemerkbar. Das Mäzenatentum entwickelte sich mehr und mehr zum wichtigsten Überlebensfaktor eines Sportvereins. Für den Club bedeutete dies, alte Mäzene zu reaktivieren, neue hinzuzugewinnen und vor allem die älteren, fördernden Radsportfreunde für den Verein zu interessieren. Leider wurde dieser Weg nicht konsequent genug beschritten, so daß sich der BRC "Defekt" 02 immer mehr zu einem Talentzulieferer für die anderen Vereine entwickelte. So wurde in den letzten 25 Jahren unter den Vorsitzenden Ferdinand Rochlitz, Alfred Schulz, Helmut Keilich, Bernhard Zuchowski, Werner Kodisch, Rudolf Wilcopolski und Lutz Heckmann mit wechselndem Erfolg hauptsächlich Talentsuche und Jugendarbeit betrieben. Einige Sportfreunde, die etwas geringschätzig auf unsere Vereinsarbeit herabblicken, seien daran erinnert, daß so bekannte Sportler wie Dieter Puschel und Michael Schultz im BRC "Defekt" 02 das Radfahren "erlernten". Dieter Puschel, der 1958 sein erstes Amateurjahr mit dem Aufstieg in die B-Klasse erfolgreich abschloß, prägte in dieser Zeit auch als Straßenfahrwart das sportliche Leben des Clubs. Unter seiner Regie belegte der Straßenvierer der Jugend stets vordere Plätze.

In Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Reinickendorf von Berlin wurde 1958 im Rahmen der "Tegeler Heimatwoche" eine neue Rennstrecke entdeckt, die jedoch schon bald den straßenbaulichen Maßnahmen zum Opfer fiel. Ebenfalls durch Vermittlung des Bezirksamtes entstand 1969 eine partnerschaftliche Beziehung zu dem im Londoner Bezirk Greenwich ansässigen Gemini Bicycle Club. Bei Partnerschaftstreffen in London und Berlin in 2jährigem Rhytmus wurden viele freundschaftliche Kontakte geknüpft. Als auf dem Gebiet des Radsports eine all­gemeine Funktionärsmüdigkeit einsetzte, hatte der Club das Glück, in Bernd Curt einen Sportwart und Jugendleiter zu haben, der mit unermüdlichem Einsatz die Jugendabteilung formte. Mit 109 Placierungen bei öffentlichen Rennen in Berlin und Westdeutschland war die Saison 1976 das erfolgreichste Nachkriegsjahr des BRC "Defekt" 02.

Eine absolut führende Stellung in Berlin nimmt der Club im Bereich des Wanderfahrers ein. Hier wurden in den vergangenen Jahren von uns viele Bundessieger gestellt, für die mannstellvertretend den Kameraden Alfred Mittelbach nennen muß, der im Alter von 70 Jahren mit einer Fahrleistung von über 14 000 Kilometern bewies, daß diese Sparte des Radfahrens durchaus einen sportlichen Aspekt hat. Leider haben noch nicht alle Radsportvereine diese Möglichkeit genutzt, ihren älteren Kameraden und denjenigen, die dem Leistungsstreß des Rennsports nicht mehr gewachsen sind, durch das Radwandern sinnvoll und gesunderhaltend zu beschäftigen.

Die Erfolge der vergangenen Saison im Straßen-, Bahn- und Wanderfahren lassen hoffen, daß auch das Jubiläumsjahr 1977 den BRC "Defekt" 02 einen Schritt näher an die Berliner Radsportspitze heranführt. Vergeblich intensive Abwerbungsbemühungen eines Vereins, der mit erheblichem finanziellen Aufwand versuchte, unsere Jugendspitzenfahrer "einzukaufen", haben bewirkt, daß der Club in sich geschlossener ist, als jemals zuvor. Wir hoffen, daß auch diese Art von Vereinen bald merken wird, daß nur eigene Nachwuchsförderung auf die Dauer zu den gewünschten Erfolgen führen kann. In diesem Sinne soll die kleine Vereinschronik, die die Geschichte des BRC "Defekt" 02 nur teilweise wiedergeben kann, schließen. Altere Radsportfreunde mögen dem Chronisten die Unvollständigkeit nachsehen, da ihm ein gründliches Recherchieren auch aufgrund fehlender Funktionäre und älterer Kameraden nicht möglich war.

Als Vorschau sei, neben dem Jubiläumsball am 19.3.1977, nochmals an den 31.7.1977 erinnert, an dem der BRC "Defekt" 02 mit  Hilfe von hoffentlich zahlreichen Mäzenen sein internationales Jubiläumsrennen veranstalten wird.

Ein dreifaches, kräftiges "ALL HEIL"" auf die Zukunft des Radsports und natürlich auch auf die des BRC "Defekt" 02.

Lutz Heckmann

 

 


 

 


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